Parkanlage mit verstecktem Bismarck-Turm. https://www.bismarcktuerme.net/spremberg

Ostkreuz

Er, einen Blumenstrauß überreichend, sie aus dem Zug steigend. Beide sich zärtlich fest umarmend.

Er, ein Lachen auf dem Gesicht, sie, ich sehe nur ihren Hinterkopf. Beide küssen sich. Glücklich.

Austauschbare Individualität.

Skelette, die für lebendig gehalten werden.

Kaum Raum, es sich zu eigen zu machen.

Ostbahnhof

Im Krieg sterben nicht die Besitzenden und Mächtigen, sondern die arbeitenden, „kleinen“ Menschen, gegenseitig durch die Waffe oder im Kreuzfeuer. Die Herausforderung, dass man nur schwer beiden Seiten gleichzeitig die Waffen entziehen kann, bleibt. Wer Mord für niemals legitimierbar betrachtet, wird sich mit aller Kraft für Waffenstillstände und -rückzüge einsetzen, also für Diplomatie und die Aufarbeitung von Angst, die miteinander Reden erst möglich macht, wie Albert Camus es in seinem Essay „Weder Opfer noch Henker“ beschreibt.

Auf welcher Seite stehe ich?

„Der ehemalige Mauerverlauf zwischen Oberbaumbrücke (unten, nicht mehr im Bild) und Schillingbrücke (Bildmitte) an der Grenze zwischen den Ortsteilen Friedrichshain (rechts im Bild, ehemals Ost-Berlin) und Kreuzberg (links im Bild, ehemals West-Berlin).

Die politische Grenze, die in diesem Grenzabschnitt nicht mit dem Standort der vorderen Sperrmauer übereinstimmte, ist gelb hervorgehoben. Für Flüchtlinge war die Frage des Grenzverlaufs lebensentscheidend, denn die Wasserfläche der Spree gehörte hier noch in ganzer Breite zu Ost-Berlin.

Der letzte Abschnitt der hinteren, blau eingezeichneten Mauer (unten) ist weltweit als „East-Side-Gallery“ bekannt. Ihre 1990 entstandenen Bilder wurden 2009 denkmalgerecht saniert.“

Stadt Berlin

Eine Spinne

Weiter geht’s mit der austauschbaren Individualität. So verunsichert über das, was man will, dass überall QR-Codes angebracht sind. Weil ich diese erst übersehe, wird mir ein Kärtchen hinterhergetragen.

Ich will auf diese Aussage antworten. Parteipolitik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, ohne Parteien, ohne Seiten, ist gar kein Krieg möglich –, aber Parteipolitik ist nicht die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, wenn sie wie ein Spiel betrieben wird, bei dem der (Wahl)sieg oder die (Wahl)niederlage damit einhergehen, dass alle das Spielfeld wieder aufräumen, sodass beizeiten ein neuer Wahlvorgang mit gleichen Voraussetzungen starten kann. Wie in jedem Spiel mit zwei oder mehreren Parteien geht es auch im Krieg um Sieg und Niederlage. Manche Menschen halten sich deshalb von jeglichem Wettbewerb fern. Die siegerische Mentalität ist für sie Kriegsmentalität zumindest im Ansatz. Sie übersehen die Wertschätzung für das Spiel an sich und die Zeit. Nachdem der König gefallen, nachdem der Matchball gewonnen, nachdem die Spielzeit abgelaufen ist, geht es mit wenig Zeit- und Materialaufwand einher, das Spielfeld wieder herzurichten. Denken wir nun an die Szene aus Harry Potter und der Stein der Weisen. Harry und Ron sehen sich im Verließ von Hogwarts einem steinernen Schachspiel mit lebensgroßen Figuren konfrontiert. Sie merken schnell, dass etwas anders ist. Wenn auf diesem Feld eine Figur geschlagen wird, dann wird sie buchstäblich zerschlagen. Die Szene bekommt damit etwas dramatisches und kriegerisches. Dieses Schachspiel wieder aufzubauen wird (für Nicht-Magierinnen) viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ein solches, wo das Spiel an sich nicht zerstört wird, abgesehen davon, dass dieses Schachspiel, wenn man selbst Spielfigur ist, lebensgefährlich ist. Diese Analogie zeigt auf: Politik ist dann die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, wenn keine gemeinsame Wertschätzung für das Spiel und das Spielfeld besteht und wenn die Siegeszüge darauf aus sind, das Spiel an sich zu zerstören in Form der gemeinsamen Verabredungen, die missachtet werden, und in Form des Gegners, der zum Feind wird, dem das Leben so schwer wie möglich gemacht oder gar zerstört werden soll.

 

Wir müssen aktuell sehr aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig kriegerische Absichten unterstellen und sie dadurch erst heraufbeschwören und dass wir gleichzeitig dort, wo tatsächlich kriegerische, das Spiel an sich schädigende Handlungen passieren, dagegenhalten und diese klar benennen. Um das zu tun, scheint es mir unabdingbar, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen: Das Spiel der Demokratie basiert auf den Menschenrechten, auf der Wahrnehmung jedes Menschen als unbedingt wertvoll. Das Wort „Würde“ kommt von Wert. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Daraus leitet sich eine Pflicht ab, uns zu unterstützen und immer wieder Wege zu suchen, den Wert aller Menschen zu erhalten. Weil nur jeder Mensch für sich am besten spürt, was er braucht, um seinen Wert zu erhalten, Menschen aber voneinander und den gemeinsamen Ressourcen abhängig sind, leitet sich aus den Menschenrechten eine Pflicht ab, miteinander im Gespräch zu bleiben bzw. immer wieder Momente zu (ver)suchen, in denen wir bereit sind, miteinander zu reden und uns direkt wahrzunehmen. Aus diesen Gesprächen und der direkten Wahrnehmung voneinander können und werden sich Wege ergeben, einander zu unterstützen, sich mit seinem Wert, mit seiner Würde, zu erhalten.

Im ICE

In der Bahn entscheidet jetzt der Algorithmus, wer seine Bahncard zeigen muss. Meine Sitznachbarin musste sie nicht zeigen. Wer ist dieser Algorithmus? Ich glaube, ich muss mal ein Wörtchen mit ihm reden.