Leben und Tod
Ich sitze hier, bin immer noch da. Die Nacht ist längst angebrochen, doch ich will noch nicht gehen. Wenn ich heute nicht der bin, der ich morgen bin, dann…
…kann es zum Konflikt kommen, zwischen mir. Jeder Tag ist eine Geburt und ein Tod. Der einzige Schutz vor dem Absoluten ist die Selbstbegrenzung. Woher weiß der Geist, wie er sich selbst begrenzen soll? Durch den Körper. Jeden Tag üben wir Leidenschaft im Wissen, dass sie sich nicht durchsetzen wird, dass der Tag endet und wir von vorn anfangen müssen.
Welche Form ist die, die sich selbst begrenzt? Der Kreis. Er begrenzt sich davor, etwas anderes zu sein, als zu sein. Kein Anfang und kein Ende werden hervorgehoben.
Wir stehen auf, atmen ein, atmen aus, legen uns hin. Das Absolute lebt durch die absolute Hingabe für eine Idee. Es lebt, wenn wir nur noch für eine Sache arbeiten, nicht mehr Essen, nicht mehr schlafen, nicht mehr die Zeit haben, unsere Mitwelt anzuschauen. Es lebt, wenn wir Angst davor haben, etwas zu verfehlen, das wir nicht verfehlen dürfen. Sagt wer?
Unser Körper erinnert uns daran, dass alles relativ ist. Relativ zu dem Kreis, dem letzten Referenzpunkt, dem obersten Gericht, dem alles egal ist. Irgendwann muss die eine Arbeit zum Erliegen kommen und eine neue Tätigkeit darf aufgenommen werden. Was ist wichtiger als das Leben? Was ist wichtiger als der Tod? Beides können wir nicht verfehlen, schließlich üben wir es jeden Tag zumindest einmal. Also auf. Schlafe und schaff Platz für Neues.
Jannik Howind, Roskilde 03.12.2022