Der Club der toten Dichter
Der Club der toten Dichter (1989)
Regie: Peter Weir
Drehbuch: Tom Schulman
Bildung. Was ist das eigentlich? Ein Kopf auf den Ellenbogen gestützt vor einem Lehrbuch? Allein im Zimmer kann diese Geste des Körpers und eines Buches Leidenschaft und Seelenruhe bedeuten, in einem Raum mit einer Person an der Spitze kommt mir eher der Gedanke von tiefstem Gehorsam.
Bildung von Menschen. Was ist das eigentlich?
Ein junger Mensch mit einem einfachen Haarschnitt in einem Klassenzimmer an einem Internat Ende der 1950er steht auf, tritt nach vorne und spricht zu den anderen Anwesenden. Spricht, wovon er gesehen hat, mit eigenen Augen; zeigt, was er empfunden hat, mit eigener Haut; berichtet, was er gehört hat, mit eigenen Ohren; trägt vor, was er gedacht hat, mit eigenen Gedanken; tritt ein, für das, was er als richtig empfindet, mit eigenen Urteil. Möglich gemacht durch den bedingungslosen Glauben einer anderen Person. Dem neuen Lehrer in diesem Zimmer von Edel und Holz.
Und nun, weil die deutsche Sprache den Menschen, männlich bezeichnet – der Mensch – und das für das innere Vorstellungsbild ja doch einen Unterschied macht, nochmals:
Menschenbildung. Was ist das eigentlich?
Es ist der Erfahrungsprozess, bei dem ein Mensch den Satz lernt, „ich bin mit meiner Leiblichkeit und Geschichtlichkeit und Eigentümlichkeit in dieser Welt richtig“ und sich zutraut, mit den eigenen Sinnen und! Verstand, mit dem eigenem Verstand und! eigenen Sinnen ein eigenes Urteil zu treffen. Sich zutraut, einzutreten, für das, was sie will und für gut, richtig und schön empfindet.
Man mag ein Buch über Poesie schreiben, das erklärt, was Poesie ist und wie wir sie analysieren, verstehen und lernen können, oder man reißt diese Seiten raus und schreit: Jeder Mensch ist ein Poet.
Die Welt, die wir leben, ist nicht zu entziffern, sondern zu dichten. Ich lebe mein eigenes Gedicht. Lebe es, wenn ich es der Welt zeige und mit ihr schreibe.
Jannik Howind, Roskilde 13.11.2022