F1
F1 (2025)
Drehbuch: Ehren Kruger
Regie: Joseph Kosinski
Es ist halb zwölf nachts. Noch im Treppenhaus des Kinos überhole ich die Mitbewohnerin, mit der ich in „F1“ war. Auf der Straße überholen wir Passanten, um den Zug zu erwischen. Im Zug stellen wir fest, dass wir eine Minute Umsteigezeit haben und rennen, sobald die Türen sich geöffnet haben. Der Film F1 will beschleunigen und ein Rennfieber auslösen. Bei uns hat er das geschafft. Besonders der peitschende Soundtrack von Hans Zimmer mit synthetischen Trommelschlägen und einer gewohnt einfachen, aber kraftvollen Melodie ließ das Adrenalin in meinem Körper ausschütten. Während der Zugfahrt unterhalten wir uns über den Film. Wir stellen fest: Er hat uns unterhalten, auch weil er zuweilen klischeehaft amerikanisch war und weil die Charaktere alle ein Nachwuchs des Protagonisten Sonny Hayes waren, der selbst nicht gerade komplex gestrickt ist. Er liebt seine Freiheit und das Sitzen hinterm Lenkrad und hat aufgrund seiner 55 Jahre ein kleines Repertoire an prägnanten Lebensweisheiten. Nachdem der Anspruch schon runtergeschraubt ist, bleibt die kritische Frage: Ist der Film mit seinen zweieinhalb Stunden zu lang? Ja! Die Geschichte ist schnell auserzählt. Der schlechteste Rennstall der Formel 1 wird von Ruben, einem Kindheitsrennfreund von Sonny, besessen. Wenn er nicht in der zweiten Hälfte der Saison ein Rennen gewinnt, kann der Vorstand den Rennstall Ruben wegnehmen und verkaufen. In seiner Verzweiflung wendet sich Ruben an Sonny, der zu Jugendzeiten mit Senna konkurrierte und als großes Talent galt, bis ein katastrophaler Unfall sein Leben aus der (Renn)bahn geworfen hat. Mittlerweile fährt er wieder allerlei Rennen als Freelancer. Ruben lädt Sonny zu einer Probefahrt nach Silverstone, die Formel 1 Strecke von England, ein. Ohne das noch einer damit gerechnet hätte, sehen wir Brat Pitt aka Sonny Hayes mit Sporttasche um die Ecke kommen und auf dem Asphalt zur Box von APEX, so heißt der Rennstall von Ruben, schreiten. Nicht zum letzten Mal. Diese coole Männer Shots meine ich unter anderem mit amerikanischem Klischee. Wie dem auch sei. Die Box, die Mechaniker_innen und die ehrgeizige Ingenieurin sind (für einen Laien wie mich) fantastisch inszeniert, wobei der Stil der Inszenierung von Autoteilen und Menschen teilweise wie ein Werbeblock für die neuesten Apple-Produkte wirkt. Sonny nimmt den Fahrerplatz an und im Folgenden entfaltet sich ein Kampf innerhalb des Teams und natürlich mit den anderen Teams der Formel 1 an dessen Ende die Frage steht, ob der gnadenlose Außenseiter es schaffen kann, ein Rennen zu gewinnen. Die Aufnahmen der Rennen auf den echten Strecken mit den echten aktuellen Formel 1 Fahrern sind atemberaubend. Jedes Rennen bekam von Ehren Kruger, dem Drehbuchautoren, eine eigene Dramaturgie. Das macht es für uns Zuschauende spannend, für den Formel 1 Fanatiker allerdings recht unrealistisch. Ebenso bekommt die zweite Hälfte der Saison, die wir mit Sonny und APEX begleiten, eine eigene Dramaturgie, wobei sich der Film nicht ganz entscheiden kann, ob dabei wirklich Sonny oder sein junger Ko-Fahrer Joshua Pearce im Mittelpunkt stehen soll. Dass zudem am Ende noch ein Antagonist und eine kleine Liebesgeschichte auftauchen, macht F1 länger als er sein müsste und zu dem seichten, aber unterhaltsamen amerikanischem Klischee.
Mittlerweile sind wir zuhause angekommen und stellen abschließend fest. Das war eine Reise in eine andere Welt. Eine Welt der Superreichen, des Sekts und der Umweltverschmutzung. Eine Welt, die sich zwar zu immer höheren technischen Meisterleistungen aufschwingt, die aber in Zeiten der fossilen Übernutzung ihrem eigenen Ende zuschreitet. Der Film „F1“ gibt das Äquivalent dazu ab. Immerhin hat er fast 300 Millionen Euro gekostet. Zudem wird auch er bald in Vergessenheit geraten, während ein Rush oder ein LeMans 66 auch in zwanzig Jahren noch filmisch Lust machen, sie zu sehen.
02.08.2025