The Terminal
The Terminal (2004)
Drehbuch: Sacha Gervasi, Jeth Nathanson
Regie: Steven Spielberg
Beim Warten fühlt man sich oft wie in einem luftleeren Raum. Hier scheint es nichts für einen selbst zu geben. Man ist nur auf der Durchreise dort.
„The Terminal“ ist einer dieser Filme, die ohne große Effekte auskommen und quasi nur an einem Ort spielen. In diesem Fall das Terminal des JFK Flughafens in New York. Die Hauptfigur Viktor Navorski – grandios gespielt von Tom Hanks – bleibt dort stecken, weil sich sein Herkunftsland während seiner Flugreise durch einen eskalierten Bürgerkrieg praktisch in Luft aufgelöst hat, zumindest rechtlich. Seine nun ungültigen Papiere erlauben dem Flughafenmanager nicht, ihn einreisen zu lassen, aber genauso wenig, ihn wieder ausreisen zu lassen. Viktor muss es sich also in dem Flughafen gemütlich machen und darauf warten, dass sich die Situation irgendwie klärt. Dabei entbrennt ein unterschwelliger Konflikt zwischen ihm und dem Flughafenmanager, der alles versucht, um Viktor loszuwerden. Ein möglicher Asylantrag scheitert beispielsweise daran, dass Viktor nicht sagen will, dass er Angst habe, in sein Land zurückzukehren, das er liebt. Der Film spielt immer wieder glänzend mit diesem Konflikt, der zwischen Kulturen aber auch innerhalb von Menschen wiederkehrend entstehen kann. Diesem Konflikt zwischen Integrität und äußeren Vorgaben oder äußeren Verlockungen. Einem Konflikt zwischen der Treue zu einer geliebten Sache und nicht zuletzt zu sich selbst mitsamt der eigenen Werte und einer Umwelt, die funktionieren will und muss, und die für dieses Funktionieren immer wieder dem einfachen Menschen Handlungen nahe zu legen versucht, die ihm jedoch seine Integrität rauben würden. Beispielsweise den Flughafen auf Tipp des Flughafenmanagers durch die offene, unbewachte Tür zu verlassen. Nein, Viktor entscheidet sich, zu warten. Und wenn jetzt bei Ihnen als Leser:in die Vorstellung aufkommt, das sei vermutlich langweilig, einem Menschen beim Warten im Flughafen zuzuschauen, dann geht es Ihnen wie mir. Mehrere Jahre habe ich gebraucht, um mich darauf einzulassen, diesen feinen Film anzusehen. Und der Film bietet selbst den Spiegel auf die gesellschaftliche Bedingtheit dieser Einstellung bei mir als Individuum dem Warten gegenüber. Immer muss etwas passieren und wo nichts passiert, wie z. B. in der Wartezeit auf den nächsten Flug, wird alles daran gesetzt, diese Zeit mit einem Shopping- und Freizeiterlebnis der Extraklasse zu überbrücken. Der luftleere Raum darf nicht entstehen. Aus einem tieferen Grund ist er mit einer Angst verbunden. Dass diese Angst letztlich unbegründet ist und dass das Warten eine Lebensform mit eigener Qualität ist, zeigt der Film auf gelungene Art und Weise. Während Viktor auf das Signal zur Ausreise wartet, knüpft er Beziehungen, wird kreativ und entdeckt jeden Tag Neues in diesem Terminal, das sein neues Zuhause wird. Zudem beginnt eine aufregende Bekanntschaft zu einer Flugbegleiterin, die er alle paar Wochen trifft. Auch hier akzeptiert er das Warten auf die nächste Begegnung, ohne dass es ihn lähmen würde, zu wissen, dass es etwas gibt, das er haben möchte, aber gerade nicht haben kann.
Das ist wohl die stärkste Botschaft des Films: Immer wieder werden uns im Leben Situationen begegnen, bei denen wir etwas wollen, aber uns nichts anderes übrigbleibt, als zu warten, vielleicht nicht einmal wissend, worauf genau. Aber dieses Warten, das uns übrigbleibt, ist immer noch ganz schön viel und bei genauerem Hinsehen kein Fluch, sondern der Weg selbst. Das Warten als eine Zeit, die an und für sich schön sein kann und es wert ist, angenommen zu werden. Was kann alles daraus entstehen, wenn wir das Warten zulassen? Wenn wir zulassen, dass manches nicht in unserer Hand liegt, wir jenes deshalb aber nicht als Wunsch aufgeben müssen, wir aber trotzdem getrost aufhören können, selbst Zeit daran zu verschwenden, uns Wege und Pläne zur Realisierung dieses Wunsches zu überlegen. Viktor Navorski besitzt diese Kunst des Wartens.
„The Terminal“ ist nicht langweilig, er sprüht vor Lebensfreude. Zugegeben schrammt er mehrfach nur knapp an Kitsch vorbei, bleibt dabei aber auf eine Art charmant, dass man ihm dies kaum übelnehmen kann. Gedreht im Jahr 2004 fühlt er sich wie ein später Nachzügler der herrlich sympathischen und dabei tiefgehenden Gesellschaftskritiken des amerikanischen Kinos der 90er Jahre mit Filmen wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, „Besser geht’s nicht“ oder „Die Truman Show“ an.