Über Helden
Wie ein Held sein in einer Welt, die keine Helden mehr kennt, die blind ist, weil sie nur noch ihren Augen traut? Es wird Zeit aufzuwachen. Es wird Zeit, die Spannung wieder aufzunehmen und das Seil zurückzuziehen, bis das Holz sich krümmt. Gibt es Helden, wenn es das Böse nicht mehr gibt? Aber was ist das Böse? Es ist das Gestaltlose, das Absolute, das sich über die Sinne legt. Unser Herz in einen Käfig einsperrend, weil die Sinne das Herz lebendig halten, in ihrer Vielsinnigkeit. Wer nur zum Himmel schaut, hebt ab. Wer nur die Erde berührt, vergräbt sich. Wer nur den Vögeln lauscht, träumt davon und wer nur seinem Smartphone traut, versinkt in eine andere Welt. Das Böse ist das Verletzende. Wir haben es immer gewusst. Aber wann verletzen wir? Wenn wir uns abwenden, obwohl wir anders könnten. Wenn wir Angst haben uns unserer eigenen Vielsinnigkeit zu stellen und lieber in Wünschen schwelgen, Ideenwelten aufbauen und uns selbst etwas vortäuschen. Das Böse kann es immer geben. Was aber ist das Gute? Es ist die Gestalt, die mit sich ringt und dabei sich weigert absolut mit sich zu ringen. Es ist das, was zum Himmel schaut und nicht zum Himmel schaut, was die Erde berührt und nicht die Erde berührt, was dem Wind lauscht und nicht dem Wind lauscht; das, was sich selbst begrenzt. Das Gute ist das Heilende. Wir haben es immer gewusst. Aber wann heilen wir? Wenn wir uns hinwenden, obwohl wir anders könnten. Wenn wir den Mut haben, uns unserer Vielsinnigkeit zu stellen und mit allen Sinnen hinzuschauen, unsere Wünsche ablegen, die Ideenwelten zur Seite schieben und uns selbst ins Auge blicken. Das Gute kann es immer geben, Helden auch.
Jannik Howind, Roskilde 16.10.2022