• philosophisches_tagebuch

    19.07.2024

    Ich habe das mal beobachtet. Kinder treffen sooo viele Entscheidungen am Tag. Auf einer Wiese rennen sie von einem Ort zum nächsten, fragen einander, ob sie bei einem Spiel mitmachen wollen, nerven einen Erwachsenen, sagen wieder Tschüss. Man sagt ja immer, das Kinder erstmal urteilsfähig werden müssen, aber sind das nicht die existenziellsten Urteile, die man treffen kann, was man an einem Tag macht und wo man hingeht? Und dann schaue ich mir die Erwachsenen an. Sie sind kaum entscheidungsfähig, machen oft tagelang das gleiche, treffen ab und zu eine schwere Entscheidung, die dann auch direkt eine Krise auslöst. Soll ich mit ihm zusammen ziehen, soll ich diesen Job annehmen.…

  • philosophisches_tagebuch

    27.07.2024

    Wenn ich die Frage nicht über die Lippen bringe, dann bin ich gerade nicht bereit. Wenn du die Antwort nicht über die Lippen bringst, dann bist du gerade nicht bereit. Dieses „Nicht bereit sein“ muss sich zeigen dürfen und verdient vielleicht die wohlwollendste Aufmerksamkeit, denn wer will in einer Welt leben, in der ständig alle für alles bereit sein müssen?

  • omnibus

    27.06.2024 – Dinkelsbühl

    27. DINKELSBÜHL juni Storchenbilder, Tourismus, eingekesselt. Die Bayern, direkt, neugierig, ihre Zeit und ihren Ort wertschätzend, Entscheidungen treffend, eine Lehrerin mit zehn Berufsschüler:innen fragt am späten Abend, ob sie mit ihrer Klasse vorbeikommen kann, am nächsten Morgen: meine erste halbstündige Omnibuspräsentation vor dem Bus und ein Dutzend Menschen. Freilufttheater zur regionalen freien Feuerwehr, die dringend Mitglieder und Geld sucht. Unheimlich lustig, schräg und herzlich. So anders als akademisiertes Theater und momentan mir als deutlich wichtiger und freudiger erscheinend. Vereine, Kirchengemeinschaften, Gemeinden, das Land sterben aus, gleichzeitig sehnen sich junge und alte Menschen nach Gemeinschaft, sinnhafter Tätigkeit und Erfahrung.

  • omnibus

    26.06.2024 – Raststätte A7

    26. AUF EINER RASTSTÄTTE juni Auf dem Rastplatz an der Grenze von Thüringen zu Bayern. A7. Wir sind bereits in der Verabschiedung, da fragt H., der sich mit Neugierde zu mir in den Schatten des Omnibus gestellt hatte, woraus ein schönes Gespräch wurde, ob er mir noch etwas erzählen darf. Ich willige mit einem Blick zu Werner, der noch beschäftigt und noch nicht losfahren müssend erscheint, und einer Interesse bekundenden Wendung des Kopfes zu H. ein. H. beginnt nun, mir in einfachen, klaren Worten seine Lebensgeschichte vom Obdachlosen zum glücklichen Arbeitnehmer als Spediteur in einer schönen Partnerschaft zu erzählen. Er schwärmt von seinem verständnisvollen und doch strengen Chef, dem auch…

  • omnibus

    25.06.2024 – Schmalkalden

    25. SCHMALKALDEN juni Auf dem alten Marktplatz vor dem Rathaus. Links thront eine große Kirche. Martin Luther predigte hier einst. Man hilft uns im Bürgerbüro auf Anfrage mit Stadtplänen, Toiletten und Leitungswasser. Ob sie Information über direkte Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern hätten. Ich werde ins Sekretariat geschickt. Ich komme aus zwei Wochen Urlaub und kann Ihnen nicht helfen. Ich werde ins Hauptamt geschickt. Es ist kurz vor 9:30, sodass ich keine Zeit habe, weil um halb die Gespräch-, Unterschriften- und Fördererfindenarbeit für den Omnibus beginnt. Ich nehme mir vor, fortan in jeder Stadt nach den Gesetzen für direkte politische Beteiligung auf Gemeinde- und Bundeslandebene beim Bürgerbüro zu fragen. Diese…

  • omnibus

    24.05.2024 – Bielefeld

    24. BIELEFELD mai Eine Szene so undurchdringlich und dann doch erschreckend deutlich, dass sie sich tief in meinen Magen gegraben hat. Auf Sendung vor dem Omnibus sehe ich einen großgewachsenen Mann um die 55 mit übergewichtigen, wuchtigen Körper, eng neben einer Frau laufend, die geradeso zu alt gewesen zu sein scheint, um seine Tochter zu sein. Die Hände sind ein Gemenge mittig vor den beiden Körpern, welche eng nebeneinander relativ langsam vorankommen. Er läuft unrund, als hätte er etwas an der Hüfte, beide wirken sie, als ob etwas los sei. Beim Laufen nimmt er ihre Hände und hilft ihr, eine weiße Plastiktüte, gerade so groß, wie wenn man im Supermarkt…

  • omnibus

    22.05.2024 – Paderborn

    22. PADERBORN mai   Äußere Achtsamkeit zur Aufrechterhaltung einer Idee, die scheint   Der Omnibus für direkte Demokratie ist mit Beuys als soziales kunstwerk zu begreifen. Der weiße Bus mit goldenem Gürtel selbst präsentiert sich auf der Straße in klarer Form inhaltlich und der direkten Begegnung und Erfahrung mit ihm dienend. Wir Bandmitglieder präsentieren uns wachsam und kontaktfreudig ohne aufdringlich zu sein. Die Menschen müssen schon neugierig und wenigstens ein kleines bisschen mutig sein, damit ein ernsthaftes Gespräch entstehen kann. Die weißen Tische vor dem Omnibus sind genaustens platziert. Der hohe runde vor dem großen runden, hinteren Rad, der niedrige Runde vor einem Halbkreis aus vier weißen Stühlen mittig vor…

  • omnibus

    20.05.2024 – nach Schloss Hamborn

    20. NACH SCHLOSS HAMBORN mai Nach einem gemeinsamen Höhenflug komme ich langsam zur Landung. Das Unverhoffte hat stattgefunden. Schlag auf Schlag nahmen wir und auch ich im Wir Geschwindigkeit auf, Zutrauen entstand und Entscheidungsfreude bei gleichzeitigem Verlust für das Drumherum, also für meine alltäglichen, größeren Fragen und für die Menschen, die gerade nicht in dieser grünen Bildungsoase mit mir waren. Und dieser große Fokus auf den Moment, das Mitbekommen so vieler schöner und herzlicher Zufälle, die irgendwo keine Zufälle sind, weil das Festival durch seinen Aufbau und seine Art bestimmte Menschen angezogen hat, die gerade mit ähnlichen Fragen und mit ähnlichen Begriffen und Wahrnehmungen unterwegs sind, dieser große Fokus auf…

  • omnibus

    13.05.2024 – Lengerich

    13. LENGERICH mai 20:57. Lengerich. An einem kleinen Bahnhof am Rande der längs verlaufenen Stadt. Letzte Wolken verfliegen im knallgelben Abendlicht. Der Omnibus steht im Stadtzentrum. Soeben erfuhr ich, dass unweit vom Bus eine Gemüsebowl auf mich wartet. 33 min Fußweg. Ich schaue mich vor dem Bahnhof nach einem Taxi um, aber dort, wo sie normalerweise stehen würden, stehen normale PKWs. In das vorderste steigt eine junge Frau. Ich frage nach den Taxis – die Fahrerin verneint –, ob sie ins Stadtzentrum fahren? – ebenfalls Nein, schönen Tag noch –, den Blick schon abgewandt. Mir rutscht ein „schade“ raus. Mal wieder kommt Kant um die Ecke und ermahnt mich, ob…